Fotografieren mit Licht
Fotografie bedeutet auch „malen mit Licht„. Diese Weisheit hat auch noch heute in der digitalen Fotografie seine absolute Gültigkeit. In den nächsten Sätzen, gehe ich etwas darauf ein, wie ich das in der Landschaftsfotografie interpretiere. Denn besonders in dieser Disziplin kann man das Licht nicht selber machen oder steuern. Man kann immer nur das vorhandene Licht interpretieren, welches einem die Natur liefert und setzt dieses in einer möglichst gewinnbringenden Komposition um. Es ist einzig das Licht, welches eine Landschaft modeliert und der Szene Tiefe und Spannung verleiht. Ist davon zu wenig oder am falschen Ort, ist es nicht korrigierbar.
Ich wurde auch schon oft angesprochen, dass Bilder so klar wirken und Glanz haben. Das hat ein paar Gründe und einer davon fängt bereits bei der Aufnahme vor Ort an. Unter anderem hat es auch damit zu tun, dass man bereits bei der Aufnahme darauf achten sollte, möglichst gut zu belichten. Das heisst das Maxium aus der Kamera und dem vorhandenen Licht herausholen und damit auch mit dem Histogramm arbeiten. Damit meine ich ETTR (exposure to the right), also nach rechts belichten. Zuviel nach Rechts ist wiederum auch nicht gut, denn dann hat man bereits überbelichtete Stellen. Ich will hier kein theoretischer Workshop machen über optimales Belichten, aber je besser man dies und die Grenzen der Kamera versteht, je besser kann man es auch gleich vor Ort umsetzen. Oft sieht man unterbelichtete Fotos, weil die modernen Sensoren im Nachhinein viel Korrekturen zulassen. Doch kann zwar in der Entwicklung noch viel zurückgeholt werden, aber einiges an Farbumfang und Dynamik gehen trotzdem verloren. Dazu könnte ich aber nochmals ein spezielles Kapitel öffnen.
Vielfach kommt es in der Landschftsfotografie vor, dass bei einr Szene, die eigentlich nur wenig Licht hat, fotografiert wird. Der schönste farbige Himmel bringt aber manchmal nicht viel, wenn bei den restlichen zwei-Drittel im Bild kein interessantes Licht vorhanden ist. Dann ist das Landschaftsbild sehr rasch nur dorthin reduziert und alles andere verliert an Wert.
Praxisbeispiele:
Um es gleich etwas praxisnah zu erklären, mache hier jetzt mal ein Beispiel mit untenstehenden Bild.
Dieses Foto wurde gemacht, kurz bevor die Sonne hinter dem Hügel verschwand. Der Himmel ist noch mit etwas Farbe versetzt. Das letzte rötliche Licht leuchtet noch links an den Felsen. Hingegen hat der ganze mittlere Bereich – also dort wo sich die Landschaft abspielt – kaum mehr Licht, da die Sonne in diesem Stand nicht mehr daraufleuchten konnte. Der Himmel reflektiert auch kaum Licht. Auf den ersten Blick läuft der Blick direkt zum Sonnenstern und den Himmel und der Betrachter findet das vermutlich auch interessant. Schaut man dann jedoch etwas genauer an, wird man die Spannung im Rest des Bildes vergebens suchen. Dies ist deshalb so, weil in diesem wichtigen Bereich des Bildes kein bedeutsames Licht mehr vorhanden war. Dadurch gibts dort keinen Glanz. Würde das Bild zu einem späteren Zeitpunkt noch gedruckt werden, kommt dies nochmals mehr zur Geltung. Obwohl also das Bild von der Stimmung am Himmel und auf den Sonnenstern bezogen eigentlich interessant zu sein scheint, verliert es dadurch definitiv an Wert. Für mich persönlich ist das Bild gesamtheitlich betrachtet nicht komplett.
Nun schauen wir von der gleichen Landschaft mit leicht abgeändertet Komposition und eine Stunde vorher gemacht wurde an:
Hier steht die Sonne noch weiter oben, hat dadurch auch noch nicht dieselbe Farbgebung. Trotzdem ist die Sonne bereits zu diesem Zeitpunkt weicher in der Luminanz. Weil die Sonne etwas hinter Wolken war, gibts kein Sonnenstern, was hier aber kein Kriterium war. Einen Augenblick später verschwand die Sonne hinter einer grossen Wolke. Dieses Gegenlicht bringt Luminanz und Dynamik am Himmel ist auch bereits vorhanden. Der grosse Unterschied ist, dass das Licht über das ganze Bild hinweg modeliert. Es hat einzelne Lichtspots, Schatten und Sonne wechseln sich über das gesamte Bild und geben mehr Kontrast und Tiefe. Dadurch lebt die ganze Szenerie viel mehr. Für mich klar klar das interessantere Bild als Gesamtes betrachtet. Hier wurde MIT dem Licht fotografiert.
FAZIT
Es ist nicht immer das ganz Erste oder das ganz Letzte Licht das Interessanteste, sondern das Licht, welches die Landschaft am schönsten interpretiert. Auch wenn manchmal die Farbe am Himmel vorhanden ist, muss es nicht zwingend das Beste sein. Natürlich hab ich gewisse Dinge bewusst etwas pauschalisiert und der Faktor persönlicher Geschmack kommt hinzu. Doch lohnt es sich grundsätzlich immer, die Landschaft so zu fotografieren, dass im wichtigen Bildbereich ein interessantes Licht vorhanden ist.
In diesem Sinne wünsche ich viel gutes Licht!
Wieder ein sehr schöner Blog, mit guten Denkanstössen! Ich habe das bei mir selber auch festgestellt – je länger ich fotografiere, desto mehr komme ich von „offensichtlichen“ Eyecatchern wie Sonnensterne, knalligem Himmel etc. ab und lege stattdessen mehr Wert auf Bildkomposition, Lichteinfall etc. So möchte ich versuchen, Bilder zu kreiiren, die den Betrachter nicht nur im ersten Moment auffallen & ansprechen, sondern auch nach längerer Betrachtung interessant wirken.
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Ergänzend muss ich vielleicht noch anfügen, dass ich bspw. auch die Abwesenheit des Lichtes in der blauen Stunde oder in einer weiss in weiss verschneiten Schneelandschaft sehr mag. Die ruhige und reduzierte Stimmung fotografisch einzufangen, finde ich oft herausfordernd, aber wenns gelingt eben auch spannenden vom Resultat her. Und ganz ehrlich: wenn ich vom Abendrot leuchtende Lenticularis-Wolken hätte, würde ich wohl innerlich auch frohlocken! Ich denke, dass dies auch das tolle an der Landschaftsfotografie ist: obwohl man Licht & Wetter nicht steuern kann, gibt es dennoch unzählige interessante (Licht-)Situationen. Aber es ist wohl schon so, dass eben die knallig bunten Bilder in der kurzlebigen Zeit von Instagram & co. manchmal etwas zu unrecht jenen vorgezogen werden, wo das Licht bewusst in die Bildgestaltung miteinbezogen wurde – eben mit dem Licht gemalt wurde…
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Hoi Mel. Danke für dein Feedback und die Gedanken die du teilst. Es geht eben oft sogar besser ohne die sog. Eyecatcher. Natürlich gibts nichts ohne Ausnahme. Herzliche Grüsse, Oli
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