FUJIFILM GFX100 – Erste Erfahrung
Höchste Bildqualität mit 100 Megapixel
Ab und zu werde ich darauf angesprochen, mit welcher Kamera-Ausrüstung ich arbeite. Zum Beispiel an einem der Kurse bei PUR VISUAL, welche ich zusammen mit Hanspeter Gass durchführe. Für die Fine Art Landschaftsfotografie ist es jedoch nicht mein Ziel, in erster Linie über das „Gear“ zu reden, sondern das Bild in den Vordergrund zu stellen. Das verwendete Werkzeug soll einzig dabei helfen, meine qualitativen Ansprüche und bildlichen Visionen bestmöglich umzusetzen.
Kürzlich stellte FUJIFILM die neue hochauflösende Mittelformatkamera GFX100 mit internem Bildstabilisator vor, die noch vor Ende Juni 2019 auf den Markt kommt. Dank dem IBIS sind trotz der hohen Auflösung von 102 Megapixel selbst Aufnahmen mit längeren Belichtungszeiten aus der Hand möglich.

Nun hatte ich die Gelegenheit mit einem Vorserienmodell der FUJIFILM GFX100 erste Eindrücke zu sammeln. 100 Megapixel, genau genommen sind es 102, auf dem gleichen Sensor wie bei den kleineren zwei Schwestern, GFX50S und 50R sind schon eine Ansage.
In diesem Review gehe ich bewusst nur auf ein paar wichtige Details dieser Kamera ein. Es sind solche, die für mich in der Landschaftsfotografie relevant sind, bei den gezeigten Bildern geht es also mehr um andere Faktoren als perfekte Lichtstimmung oder Bildkomposition.
Als einer der Ersten bin ich vor gut zwei Jahren auf die damals neu eingeführte GFX 50S in die Mittelformat-Fotografie eingestiegen. Seither fotografiere ich in meiner Landschaftsfotografie ausschliesslich mit dieser Kamera.
Sie begeistert mich nach wie vor jedes Mal aufs Neue wenn ich mit ihr unterwegs bin. Es gibt grundsätzlich nichts was mir an dieser Kamera fehlt: Lineares Histogramm, Anzeige der Hyperfokale und der immense Dynamikumfang erleichtern mir die Arbeit und lassen mir mehr Zeit für die Bildgestaltung.
Die Bilddaten sind geradezu für meine grossformatigen Wandbilder geschaffen und lassen grosse Vergrösserungen zu. Zusammen mit meinem immer verwendeten Weitwinkel-Objektiv FUJINON GF23mm (entspricht ca. 18mm bei KB) habe ich regelrecht eine Traumkombination für die Landschaftsfotografie.
Sind also die Eigenschaften, welche diese neue GFX100 mit sich bringt für meine Fine Art Landschaftsfotografie noch verlockender als die der GFX50S? Darauf war ich ebenso gespannt wie darauf, wie auf die ersten RAW-Daten aus dieser Kamera aussehen und sich in der Praxis anfühlen.
Erstes Gefühl
Die GFX100 fällt besonders durch die Bauweise als Full-Body sofort auf. In der Hand wirkt Sie hingegen nicht so klobig oder schwer wie man es von den Bildern vermuten könnte. Sie ist griffig und liegt sehr gut in der Hand. Unter dem grau-schwarzen Gehäuse liegt eine Menge an Ingenieurskunst drin. Ganauer gesagt sind es über 80 Jahre Erfahrung von FUJIFILM in einer Kamera verpackt!
Mittelformat und Kleinbild – kein Vergleich!
Ich erlebe oft, dass die Meinung herrscht, eine solche Mittelformatkamera (ebenso die GFX 50S oder 50R) sei in der Bildqualität nur geringfügig besser als hochauflösende Kleinbild-Kameras (Vollformat).
Dass Megapixel jedoch nicht alles sind was zählt, sieht man spätestens in der Analyse der Daten, im Dynamikumfang, dem ganzen Farbspektrum und somit der Brillanz der Farben, der Details und Schärfe. Denn dafür sind solche Kameras gebaut.
Es geht vor allem darum, eine möglichst plastische Dimension der Bilder zu schaffen und die Motive detailreich und „echt“ wiederzugeben.
Die Unterschiede sieht man bereits am PC, beim Entwickeln der RAW-Bilder oder dem Bearbeiten anderer Bild-Formate. Vor allem aber auch wenn es um das Drucken der Bilder geht, sieht man die Unterschiede noch einmal mehr.
Dies zeigen persönliche Erfahrungen und direkte Vergleiche, die ich in den letzten Jahren machte.
Dynamik und 16 bit Farbtiefe
Als Landschaftsfotograf spricht man rasch vom sog. Dynamikumfang (Blendendynamik) einer Kamera. Ein solcher Wert kann man einerseits messen und als „technische Grösse“ angeben, es ist jedoch immer noch besser, diesen in der Praxis selber zu sehen. Denn für den Dynamikumfang ist nicht nur die Kamera resp. deren Sensor wichtig, sondern auch das Objektiv und das Zusammenspiel.
Die GFX100 hat 16 bit Farbtiefe was man bisher eigentlich nur von den ganz grossen und teuren Mittelformatkameras kannte. Mit diesen 16 bit hat sie auch nominell einen nochmals höheren Dynamikumfang als z.B. die kleineren beiden Schwestern.
Der Unterschied wird ungefähr bei einer knappen Blende sein. FUJIFILM gibt für die GFX100 einen Wert über 15 Blenden an. Selbst mit meiner aktuellen GFX50S brauche ich seit einiger Zeit keine Verlaufsfilter mehr. Mit der GFX100 sind diese nun definitiv überflüssig.
Manchmal muss man Grenzen überschreiten …
Ich achte beim Fotografieren sehr auf eine korrekte Belichtung bei der Aufnahme und vermeide grundsätzlich Unterbelichtungen, gerade auch um keine Dynamik oder keinen Farbumfang im Bild zu verschenken.
Manchmal muss man die Grenzen aber ausloten – zum Beispiel bei starkem Gegenlicht – doch auch in diesen Situationen schaue ich möglichst viel Zeichnung in den dunklen Partien zu haben.
Um nun aber demonstrieren zu können, wie sich der Dynamikumfang dieser 100-Megapixel-Kamera verhält, wenn die Aufnahme komplett unterbelichtet wird, habe ich aus der Hand ein entsprechend unterbelichtetes Bild aufgenommen. Dieses Bild habe ich danach im Lightroom einzig durch eine Belichtungskorrektur von 4 Blenden korrigiert (siehe Fotos) und dabei die Lichter wieder hervorgeholt. Das Resultat „vorher – nachher“ ist absolut überwältigend!
stark Unterbelichtet korrigierte Belichtung gem. Histogramm 100% Ausschnitt nach Belichtungskorrektur
Unten ein noch extremeres Beispiel mit mindestens 5 Blenden Unterbelichtung, was in der Praxis keinen Sinn macht und auf keinen Fall zu empfehlen ist. Es soll einfach zeigen, wie viel Potential in der Kamera steckt.
Nur Belichtung, Lichter/Tiefen korrigiert. Keine Schärfung oder anderweitige Entwicklung.
Details
Schärfe bis in die Bildränder mit Details dieser 100 Megapixel sprechen für sich. Mehr braucht es dazu nicht zu sagen. Schau dir am besten die Beispielbilder an. Diese sind auf eine geringere Dateigrösse heruntergerechnet.
Das Bild vom Wasserfall wurde mit ISO 1250 aufgenommen. Es zeigt auch wie gut Sie mit höheren ISO Werten arbeitet.
Wasserfall GFX100 mit ISO 1250100% Ausschnitt vom Wasserfall mittig 100% Ausschnitt vom Wasserfall Bildecke rechts oben
Aus der Hand fotografieren
Meine Landschaftsbilder mache ich fast ausschliesslich mit dem Stativ. Das hilft unter anderem in der präzisen Bildgestaltung und weil längere Belichtungszeiten eher die Regel als die Ausnahme sind. Auch war ich bisher, um ehrlich zu sein, nie so richtig von Bildstabilisatoren überzeugt. Ich fand sogar, dass diese die Schärfe negativ beeinflussen. Die GFX100 besitzt aber nebst dem bekannten IBIS (In-Body-Image-Stabilisation) auch ein sog. Shock Absorber, der zusätzlich Schwingungen zwischen Body und Objektiv ausgleicht. Eine neuartige Technik mit beeindruckender Wirkung: Mit einer 100-Megapixel-Mittelformatkamera aus der Hand fotografieren war noch nie so einfach! Es gelingen Belichtungszeiten, die man nicht für möglich halten würde. Zum Beispiel hatte ich heute morgen ein Bild aus der Hand mit 1/8 sek. gemacht (siehe Bildbeispiel unten). Bisher wäre dies für mich undenkbar gewesen.
nur Schatten/Lichter korrigiert, keine Schärfung und Nachbearbeitung im RAW.
Wetterfest und robust
Die GFX-Reihe und so auch diese GFX100 sind allesamt wetterfest und auch die Obektive sind gegen Wasser und Staub abgedichtet. Da ich mich ausschliesslich draussen aufhalte, ein absolutes Muss. Ich habe meine GFX bereits in unterschiedlichen Witterungsverhältnissen wie z. B. bei Starkregen ohne zusätzlichen Schutz auf dem Stativ eingesetzt und hatte noch nie Probleme damit. Auch bei längerer Kälte nicht. Für mich sind das nebst der gesamten Leistung dieser Kamera starke Argumente, da ich sie so jederzeit überallhin mitnehmen und höchste Bildqualität erzielen kann .
Die GFX100 setzt in Sachen Robustheit und Wetterfestigkeit sogar noch einen obendrauf. Das speziell dafür entwickelte und gehärtete Magnesiumgehäuse ist nochmals robuster und härter bei gleichzeitig geringerem Gewicht. Das ist übrigens auch der Grund weshalb sie grau ist. Zudem schützt es nochmals mehr vor Kälte und Hitze und hält auch eine Luftfeuchtigkeit (im Kameragehäuse) von bis zu 80 % aus.
Machen 100 Megapixel Sinn?
Ja durchaus! Zwar sind 51 Megapixel bei mir bis jetzt absolut genügend und werden es auch nach wie vor sein. Vor allem dann, wenn diese Megapixel eine solch hohe Qualität aufweisen wie sie es bei der GFX50S tun. Da ich aber sehr häufig im Panoramaformat „X-Pan“ (Seitenverhälnis 65:24, in der GFX vorprogrammiert und als Einzelbild verfügbar) fotografiere, verliere ich durch den Beschnitt einiges an Auflösung. Mit 100 MP bleiben mir somit mehr übrig. Das kann ein Vorteil sein für die grossen Drucke.
Anzeige einex X-Pan Formates im Live-View. So kann das Bild im Panorama bereits vor Ort gestaltet werden.
Ich denke zudem, man sollte sich bei so einer Kamera die Frage gar nicht stellen, ob es eine solche Auflösung braucht und ob dies sinnvoll ist. Es geht vielmehr um die Möglichkeiten, die diese 102 Megapixel und diese Kamera einen für die eigenen Fotografie bieten und ob man damit arbeiten möchte. Sei es kommerziell oder einfach, um seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.
Grösse der Bilddaten und RAW Konverter
Die Auflösung lässt vermuten, dass die Daten entsprechend immens gross sein müssen. Die Daten sind auf jeden Fall nicht klein und erfordern eine gewisse Rechenleistung für deren Bildverarbeitung. Ein RAW-File hat eine Dateigrösse von ca. 210 MB. FUJIFILM hat die Daten so klein wie möglich gehalten.
Für diesen Test konnte ich die RAW-Files (RAF) bereits mit Adobe Lightroom öffnen. Capture One wird aber sicherlich sehr bald folgen. Die persönliche Erfahrung zeigt, dass die Bilddaten der GFX mit Capture One noch besser umgesetzt werden und sogar eine etwas höhere Dynamik von bis bis zu einer halben Blende aufweisen.
Ich würde also jedem empfehlen, als RAW-Konverter für diese Kamera auf Capture One zu gehen, der nun während ich diesen Beitrag schrieb bereits verfügbar sein sollte. Dieser wurde vor kurzem dank einer starken Zusammenarbeit mit FUJIFILM und Phase One optimiert und es besteht sogar eine FUJIFILM Editon.
Fazit
Die GFX100 legt die Messlatte nochmal etwas höher gegenüber den kleineren Modellen aus der GFX-Serie mit 50 (genau 51,4) Megapixel. Mich begeistert nebst der erwähnten Bildqualität vor allem auch die Vielseitigkeit, welche diese Kamera mit sich bringt. Dazu kommen die scheinbar unmöglich aus der Hand zu haltenden Belichtungszeiten bei einer so hohen Auflösung, die dank IBIS möglich sind – einfach beeindruckend.
Ich bin begeistert und freue mich schon jetzt auf das Serienmodell!
Mit einem grösseren Projekt im nächsten Jahr und der Faszination für eine solche Kamera, wird diese Kamera ein Platz in meiner Fototasche finden.
P.S. Auch Hanspeter Gass hat ähnliche Erfahrungen mit einem Vorserienmodell gemacht und schildert diese hier.
Herzlich, Oliver
_________________________________
Nachtrag zum RAW-Konverter
Capture One RAW Konverter ist nun ebenfalls verfügbar. Ich habe aus diesem Grund das Bild vom Wasserfall nochmals im Capture One entwickelt. Wie vermutet, werden mit Capture One RAW Konverter die Farben besser und natürlicher interpretiert und die Grüntöne kommen schöner. Um den Unterschied darzustellen unten der Vergleich der beiden Bilder.
GFX100 RAW Entwicklung Vergleich – Capture One vs. Adobe
Ups… 🙂 Habe die Antwort schon bei Dir gefunden…
LikeLike
Das ist wirklich beeindruckend, was diese Kamera leistet. Wie geht man damit im Porträitbereich um? Auch lieber vom Stativ? Oder ist das mit der Blitzanlage egal? Bei meiner 6x7Mamiya geht selbst mit Blitz nichts aus der Hand. Oder habe ich einen Denkfehler? Ferner diskutiere ich mit einigen Freunden darüber WAS Fine Art eigentlich ist. Wir kommen zu keinem Ergebnis. Vielleicht kannst Du uns ja aus diesem Dilemma helfen. WAS ist Fine Art und wer bestimmt das, das es Fine Art ist? Im Netz habe ich dazu nur dürftiges Material gefunden. Wäre dir sehr verbunden, wenn ich darauf eine Antwort bekommen könnte. Mit freundlichen Grüßen Reinhard
LikeLike